The Faranas legten los, Papa Wemba versucht’s mal etwas ruhiger, Thione Seck hält eine Zeremonie ab, Sergent Garcia unterhält die Leute und bei Khaled ist man sich nicht mehr ganz einig – das war die zweite Konzertnacht der 22. Afro-Pfingsten in Winterthur 2011.
Eines vorneweg: Es ist erstaunlich, wieviele Grossformationen heute noch unterwegs sind. Keine Truppe an diesem Abend, die weniger als 10 Leute auf die Bühne brachten!
Also: Aus Bern kamen The Faranas angereist. Dem Afrobeat verfallen seit Jahr und Tag legte das Gebläse auch kräftig los. Enthusiasmus ging über punktgenaues Spielen, das klang dann manchmal auch sehr wild, aber immer sehr groovy.
Zwei unterschiedliche Karrieren
Papa Wemba hat den Zenith seiner Karriere sicher schon überschritten und weiss nicht mehr genau wohin mit sich. Wenn er an seine wilden Rumba und Soukous-Zeiten anknüpfen will, gelingt ihm das nicht mehr so ganz, und für die ruhigeren Töne hat er zuwenig Standfestigkeit – noch. Vielleicht ergibt sich das in den nächsten Jahren.
Dann der grosse Auftritt des Mbalax Königs Thione Seck aus Senegal mit seinem nach Arabien und Indien ausgerichteten Orient-Programm. Für das festfreudig aufgelegte Publikum wohl ein fast zu ruhiges Konzert. Aber für Thione die Gelegenheit, seine Stimme auch in Winterthur strahlen zu lassen. Die Chorsängerinnen eiferten ihm mit ebenso klaren Einsätzen nach. Manchmal war es mehr eine Zeremonie als ein Konzert, denn die Arrangements waren gerade in den ruhigeren Liedern ziemlich orchestral ausgelegt.
Party und Kopfschütteln
Dann gab’s Latinsounds und Salsamuffin mit Sergent Garcia, der seinen neu definierten Sound mit Schwung auf die Bretter brachte. Eine Band in überzeugender Schärfe, zwei Frontleute mit hohem Energiepegel, Grooves und ein Repertoire für die Tanzbeine: Mehr braucht es nicht für die Party.
Nach dem Konzert von Khaled war sich das Publikum nicht ganz einig: Hatte man nun einen übermüdeten Khaled gesehen – er hatte am gleichen Tag schon ein Konzert in Essen gegeben, und war jetsetmässig eingeflogen worden – oder hatte der Mann unterwegs zuviel von irgendwas konsumiert. Auf jeden Fall rettete sich der Mann dank seiner Routine und seiner Band über die Runden, aber die Fans schwankten zwischen „vernebelt“ bis enttäuscht.
Fazit: Programmumstellungen, ein stilistisches Zickzack-Programm und positive wie negative Überraschungen von der Bühne her konnten die Feststimmung des Publikums nicht trüben.
- Die Audioslideshow vom Freitag: Roots & Reggae
- Die Audioslideshow vom Sonntag: African Music & Women Voices
jurgis meint
Mir vergeht zunehmend die Lust auf die Afropfingsten-Konzerte: Statt originärer Sounds hören wir trotz klingender Namen zunehmend gerade noch die bekanntesten Standards der Gruppen. Die Bandleader scheinen gemerkt zu haben, dass das Winterthurer Publikum musikalisch anspruchslos ist oder einfach abtanzen will, egal zu was.
Sie nehmen uns inzwischen so wenig ernst, dass sie kaum mehr echte Highlights und Soli bieten. Auch erscheinen sie meist allein, ohne Pep begleitet nicht etwa von der eigenen Band, sondern von mehr oder weniger fähigen Miet-Musikern. Besonders hat mich das am Samstag 11.6. gestört, als sowohl Thione Seck als auch Khaled mit den genau gleichen Begleitmusikern auftraten. Es kam entsprechend langweilig heraus. Besonders Khaled hätte ebensogut in Essen bleiben und eines seiner neueren Alben ab CDs spielen lassen können- seinem Ruf wäre besser gedient gewesen.
Die Stimmung ist zwar noch ganz gut, auch wegen der unvergleichlichen Halle 53. Vorsicht aber, dass das Niveau auch beim Publikum nicht weiter sinkt: Nicht jeder Uralt-Gassenhauer ist noch ein Hit. Nicht zu allem muss getanzt werden können. Lästig auch das trotz Verbot zunehmende Gerauche mitten im Publikum. Weitere Zerfallserscheinung: Dass die „Security“-Leute bei Khaled gleich im Leerraum direkt vor der Bühne stehend zusahen den anderen die Sicht verdeckten, und selber rauchten.