Es ist ein trauriger Anlass, der mich «Talking Timbuktu» wieder mal aus dem Gestell holen lässt: in Malis Norden führen islamistische Fundamentalisten einen Kulturkampf, indem sie die Seele Malis, die Musik, zu Tode prügeln.
Für Weltmusik-Ohren war die Zusammenarbeit von Ali Farka Touré, dem Blueser aus dem Norden Malis, und Ry Cooder, dem musikalischen Spurensucher aus Kalifornien, eine Entdeckung. 1994 waren kultur-übergreifenden Musikprojekte noch selten. Cooder hatte bereits einschlägige Erfahrung. Da war bereits 1975 die Zusammenarbeit mit der Hawaii-Legende Gabby Pahinui, und 1993 das Album mit dem indischen Slide-Gitarristen V.M.Bhatt.
Mit Ali Farka Touré traf er sich auch etwas vertrauterem Gebiet, spielt doch der Blues eine tragende Rolle in diesem gemeinsamen Repertoire. Aber es ist der Songhai- und Bamara-Blues, der den Klang vorgibt. Cooder verziert mit ganz unterschiedlichen Instrumenten, von der Mandoline bis zur Marimba, die Songs von Touré. Für Ali Farka war diese Aufnahme nicht wirklich aufregend, umso erstaunter zeigte er sich, als Talking Timbuktu 1994 einen Grammy als bestes World-Musik-Album gewann.
«Talking Timbuktu» war für viele ein Einstieg in die Weltmusik. Ein paar Songs der CD sind zu Klassikern geworden.
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Die Realität: ein kultureller Kahlschlag
2012: In Mali’s Norden tobt ein Bürgerkrieg. Islamistische Fundamentalisten haben Teile der Region erobert. Sie zerstörten bereits Teile der alten Universitätsstadt Timbuktu, wüteten auch in Nianfunke, der Heimat Ali Farkas. Musik ist verboten, selbst die Klingeltöne der Handys.
Die englische Zeitung The Guardian lässt in einem Beitrag vom 23. Oktober 2012 Malis Musiker über den unglaublichen Kulturterror sprechen. In einem weiteren Beitrag vom 15. Dezember 2012 wird über den Terror gegen die Zivilbevölkerung berichtet. In einem Online-Artikel der BBC vom 6. Dezember 2012 wird Salif Keita zitiert:
«Wenn es keine Musik, kein Timbuktu mehr gibt, ist die Kultur Malis verloren.» Salif Keita
heike meint
…und als kontrapunkt zum irrsinn des aktuellen geschehens ist dieser link zu einem video für ali farka touré’s album “niafunke” auf youtube zu empfehlen:
http://youtu.be/7oJ02TkW_jI