Antonis Antoniou hat sich ein paar Steine vom Herzen geschrieben und seinen Klangkoffer ausgeräumt: ein (an)klagendes Album aus Lockdown-Nikosia.
Als Songschreiber und Frontmann für seine Bands «Monsieur Doumani» und «Trio Tekke» wäre Antonis’ Terminplan 2020/21 sehr gut gefüllt gewesen. Dann kam Corona, und mit ihm der Lockdown. Antonis Antoniou rettete sich in sein Studio und setzte ein Projekt um, das er schon seit Jahren mit sich herum trug: Ein Statement zur Lage seiner Heimat Zypern. Die politische – und physische – Trennung seiner Heimatstadt Nikosia, seiner Insel in einen griechischen und einen türkischen Teil, will er nicht mehr länger akzeptieren. Symbol dieser Trennung sind tausende von Ölfässern, die gefüllt mit Beton oder Dreck. Sie trennen Strassen, die ganze Stadt und die angrenzende Landschaft. Oder wie Antonis in seinem Podcast sagt:
Wir leben auf Zypern seit Jahrzehnten im Lockdown. Grundrechte wie die Bewegungsfreiheit werden uns vorenthalten, und niemand revoltiert dagegen.
Klanglich betritt Antonis Neuland: Harte Schläge, wenn er die Betonfässer der Trennmauer als Perkussion nutzt. E-Bass, E-Gitarren und analoge Synthesizer, und als Hauptinstrument die zypriotische Laute – eine Verwandte der Bouzouki. Dazu viele Soundfetzen und Effekte.
Der zypriotische Dialekt ist hart, er eignet sich gut für die deklamierten Gedichte, welche über weite Strecken die Melodien ablösen. Auf einigen Songs lastet eine traurige Schwere; besonders auf jenen, die dazu aufrufen, endlich die unhaltbare politische und soziale Trennung aufzuheben, auszuhebeln; an einer besseren Zukunft zu arbeiten, sich nicht mit dem Status Quo abzufinden.
Weder Folk, noch Neo-Rembetiko, sondern ein politisches Statement, ein klingendes Flugblatt. Umgesetzt mit ungewohnten Sounds und Beats. Ein Album das Luft, Freiheit und die Aufhebung aller Lockdowns verlangt.
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