Am Babel Med in Marseille singt, rapt und musiziert die erweiterte Francophonie und der mediterrane Raum. Das Festival ist so was wie die francophone WOMEX: Während drei Tagen treffen sich die Profis der Weltmusik zum Ideen-, Adressen- und Vertragsaustausch. Am Abend dann das Fest für ganz Marseille: auf vier Bühnen finden in den Docks Des Suds insgesamt 37 Konzerte statt.
Der erste Abend war so was wie der rhythmische Familienabend. Auf der grössten Bühne in der Salle Des Sucres eröffneten Coetus den Reigen mit ihren perkussionsgetriebenen Liedern. Eliseo Parra hat die spanische Tradition nach alten polyphonen Liedern durchforstet, und sie in ein komplexes Kleid ganz unterschiedlicher Perkussionsinstrumente gekleidet.
Die Alaev Family aus Tadschikistan schöpft ebenfalls aus der Tradition, allerdings verpassen sie ihren gesungenen Legenden und Gedichten ein popigeres, Bass- und Schlagzeug-lastigeres Outfit. Die Feinheiten von Gesang, Geige und Klarinette gehen leider in einem wenig dynamischen Arrangement und dem auf Maximum geschraubten Soundmix mit zuviel Subbässen unter. Auch Joaquin Diaz, Aushängeschild des dominikanischen Merengue, kam mit dem Ambiente in Marseille am Anfang nicht gut zurecht: Er ist sich wohl gewohnt in Festzelten voller Tanzfreudigen und nicht vor einem Publikum auf Stühlen zu spielen. So wirkten seine Songs zu mechanisch und funktional.
Italo-Greko-Herz und afrikanische Diven
Vinicio Capossela, der Italiener der in diesen Monaten sein griechisches Herz spazieren führt, bezauberte das Publikum mit den Remetiko-Versionen seiner italienischen Songs. Im Gegensatz zum extrovertierten Bühnen-Darsteller blieb die Band etwas zu verhalten im Hintergrund. So entdeckte das Publikum das instrumentale Können der Band nur wenn sich in einigen Songs der Frontmann etwas in den Hintergrund manövrierte.
Afrikanisches Feuerwerk gab es mit Mounira Mitchala aus dem Tschad und Sia Tolno aus Guinea. Mitchala zeigte, das die etwas verhalten produzierten Songs ihrer aktuellen CD Chili Houritiki in der Live-Situationen erfreulicherweise Feuer gewinnen. Sia Tolno schöpfte etwas zuviel aus ihrer Routine: viel Soukous-Freude, Partystimmung und Gefälligkeit im Bühnenset. Dabei hat sie eine Stimme, mit der sie sich auch quer durch die Stile und Stimmungen bewegen kann. Das Publikum hätte sicher mitgemacht.
Folk aus Quebec und dem Languedoc
Folk gab es mit De Temps Antan aus dem Osten Kanadas, der Region Québec. Jigs, Reels, polyphone Harmonien, vorgetragen mit Fidel, Akkordeon, Mundharmonika, Saiteninstrumeten und den tanz-motivierenden Rhythmus-Brettchen unter den Füssen der Instrumentalisten. Gottseidank wren mittlerweile die Stühle aus dem „Cbaret“ weggeräumt worden.
Heimvorteil genossen Du Bartas aus dem Languedoc. Ihre Chansons, gesungen in Okzitan, der einheimischen Sprache der Nordküste des Mittelmeers zwischen Genua und Katalonien. Zu ihren tragisch-skurrilen Liebesgeschichten, mehrstimmig vorgetragen und begleitet von Trommeln, Akkordeon, Laute und orientalischer Geige tanzte schlussendlich fast der ganze Saal Des Sucres – ein Folkfest.
Babel Med 2013 im Überblick
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