Jazz, Reggae, Afropop, Korea-Sounds, Rap, Indierock und mediterrane Grooves – ein stilistischer Slalom mit Anspruch auf Hör-Flexibilität.
Die Völkerwanderung war so gross wie die stilistische Bandbreite an diesem Abschlussabend beim Babel Med Festival 2017. Bei einigen Konzerten, z.B. von K’Koustik aus Guadeloupe war der Andrang so gross, dass es kurz nach Konzertbeginn kein reinkommen mehr gab. Ich liess mir berichten: musikalisch nicht die grosse Neuentdeckung aber von hohem Unterhaltungswert.
Die Band, die mich an diesem Abend wirklich überzeugte war BandAdriatica aus der Stiefelspitze Italiens. Viel Groove, und trotz einem sehr ausgebauten Bläsersatz keine Brass-Übermacht. Melodiöses mit harmonischen Anleihen selbst aus dem Libanon wechselten sich mit Balkangrooves ab. Doch selbst in den schnellen Instumentalnummern gingen die feineren Zwischentöne nicht unter.
Betty Bonifassi gab ein Indierock-Konzert mit ihren Trouvaillen aus einem neunentdeckten Nachlass von Musikethnologe Alan Lomax. Auch bei den Black Strings gab’s kein Reinkommen mehr. Die Koreaner waren eindeutig die exotischstes Truppe des Abend, der ansonsten mit dem Mestizo-Ska aus Barcelona, Txarango, oder der Pop-Stimme Hawa Boussim aus Burkina Faso etwas viel Mainstream im Programm hatte.
Selbst die routinierte Reggae-Truppe Rising Tide, das ist immerhin Groundation ohne Mastermind Harrison Stanford, konnte nicht überzeugen. Die Grooves waren ok, die Professionalität unverkennbar, aber es fehlten einfach Melodien und Feinarbeit.
Fazit des Babel Med 2017
Die Organisatoren müssen sich überlegen, ob sie ein Festival für Freunde der Weltmusik machen wollen, oder ein stilistisch kunterbuntes Durcheinander für ein möglichst breites Publikum. Die Verflachung des Festival-Profils ist teilweise nachvollziehbar, denn die Dock des Sud, eine alte Industrieanlage soll, wenn es nach der Stadtregierung geht, so schnell wie möglich platt gemacht werden. Sie müsste einem wuchernden Hightech- und Businesskomplex weichen, der in diesen Monaten an den Docks hochgezogen wird. Da wollte man vielleicht beweisen, dass es die Dock des Suds als Konzertlokal eben doch noch braucht in Marseille. Wir drücken mal die Daumen.
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