Viel Musik aus Südamerika war am zweiten Konzertabend des Babel Med Festivals auf den vier Bühnen in Marseille angesagt. Und eine Truppe aus dem östlichen Teil Kanadas, deren Mitglieder sich auch heute noch wundern, wie wenig die Tatsache bekannt ist, dass Kanada eigentlich mal von den Franzosen kolonisiert wurde – und solches mit alten Geschichten und viel Humor von der Bühne herunter erzählen.
Le Vent Du Nord – sie zählen zu den grossen Aushängeschildern der Musikszene Québecs. In Marseille stellten sie ihr achtes Album «Têtu» vor – ein bunter Mix von alten Folksongs und neuen, eigenen Liedern im traditionellen Gewand. Auf der Bühne wird sichtbar, warum dieses Quartett seit 13 Jahren erfolgreich um die Welt tourt: sie sind handwerklich hervorragend und zeigen, dass sie nach wie vor viel Spass haben mit ihrer Musik.
Viel kopflastiger ging es bei der Warsaw Village Band und ihrem galizischen Gaststar Mercedes Peón zu und her. Die Konzentration auf die Musik hatte zur Folge, dass die Kommunikation mit dem Publikum fast gar nicht stattfand, oder zündete. Ein gutes Projekt, wohl aber mehr für’s Studio als für die Bühne komponiert. Ebenfalls ziemlich in sich und seine Musik versunken der Argentinier Chango Spasiuk. Der Akkordeonist und Chamamé-König wurde von einem hervorragenden, erdigen Trio begleitet, das immer dazu schaute, dass der Meister nicht ganz in die Harmonie-Wolken abschweifte.
Give me the Drum
Venezuela trifft auf Nigeria/Ghana und das im Schmelztiegel London – die Familia Atlantica zelebrierte ihren rhythmusbetonten Afro-Kolumbia-Mix. Frontfrau Luzmira Zerpa gibt dabei die Grossstadt-Schamanin, die auch mitten im Konzert mal eine kurze Zeremonie einbaut – ein bisschen Bühnenzauber vor einem durchtrainierten Trommel-Feuerwerk. Auf der Zeltbühne bieten der US-Engländer Joe Driscoll und sein Kora-Kollege Sekou Kouyaté aus Guniea ihren ganz eigenen Mix aus Gitarrenriff, Raggamuffin und Funk-Harfe. Mittlerweile ist ihr Album schon fast zwei Jahre alt – hier wäre etwas neues Material gewünscht, aber der Groove stimmt nach wie vor.
Argentinien, Kuba, Kolumbien
Auf der kleinsten Bühne, dem Cabaret, verknüpfen DJ Hijo de la Cumbia und seine Frontfrau, La Dame Blanche, scharfe Hip Hop-Salven mit fetter Electronica. Während vorne die bezaubernde Sirene Yaite Ramos Rodriguez ihre Scat-Wortschwall nur mal unterbricht um eine Melodie auf der Flöte zu blasen, schöpft hinten der DJ aus seinem Sound-Archiv und schiebt Subbässe ins Publikum. Das kann manchmal sogar etwas kitschig klingen.
Und zum Abschluss: die Erbschaftsverwalter aus Timbiqui, Herencia de Timbiqui. Salsa, Funk, scharfe Licks und ein sattes Bläserduo, das ganze auf einem satten Rhythmusboden, angeführt von einer Marimba – Musik zum abtanzen und zur Verbreitung guter Laune. Funktioniert bestens!
Babel Med 2015 im Überblick
Der Bericht zum ersten Konzertabend
Der Bericht zum zweiten Konzertabend
Der Bericht zum dritten Konzertabend
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