Cross Culture Festival Warschau, Dienstag 25.9.2012

Ein Abend mit dem Al Kindi Ensemble heisst eintauchen in eine Welt und eine Atmosphäre, die einem so nur selten geboten wird. Ein Abend mit Al Kindi ist nicht einfach ein Konzertabend, sondern eine Zeremonie und eine Entdeckungsreise.

Julien Jamal Eddine Weiss gründete das Al Kindi Ensemble 1983. Der Franzose mit Schweizer Wurzeln hat sich tief in die arabische Kultur eingearbeitet, ist ein Meister der orientalischen Zither Kanun und gilt als führender Experte der arabischen Musiktradition. Begleitet wird das Ensemble gerne von einer Gruppe von «drehenden Derwischen».

Die Musik des Ensembles ist denn auch tief in der Gedankenwelt des Islam verwurzelt. Die Tänze der Derwische, eines Sufi-Ordens, unterstreichen dies. Al Kindis Programm ist oft zweigeteilt: Ein erster Teil gehört ganz der Tradition: das Programm wird durch eine von einem Muezzin gesungenen Surre ein-, und nach rund einer Stunde auch wieder ausgeleitet. Dazwischen liegt eine Melodie, die von der Flöte Ney, der Kanun, der Laute Out – oder in unserm Fall der Rebab – und Perkussion. Der zweite Teil verlässt die liturgische Welt, bleibt aber klar in der Tradition.

Mehr Zeremonie als Konzert

Die Melodie und der Text folgen einer traditionellen, im ersten Teil klar liturgischen Vorlage. Die Instrumente spielen dabei unisono die Grund-Melodie, schmücken aber diese mit Verzierungen und kleinen Arabesken aus. Der Zuhörer folgt einem melodischen Fluss. Die Derwische tanzen dazu mit ebenso klar definierten Auf- und Abtritten ihre Kreise.

Ein solches Musikereignis zu verfolgen ist nicht bloss ein Konzertanlass. Es ist ein sich-aussetzen in eine Klang- und Melodienwelt, die allein schon durch die Tonvielfalt ganz anders wirkt. Die arabische Musik folgt nicht dem westeuropäischen System der Halbtöne, sondern kennt Viertel-, ja Mikro-Tonschritte. Hörgewohnheiten müssen also schnell über Bord geworfen werden, sonst findet man den Draht zu dieser Musik nicht.

Nach zwei Stunden bedankte sich das Warschauer Publikum mit einem tosenden und anhaltenden Applaus. Auch an diesem Abend war das Konzertzelt restlos ausverkauft – wie übrigens für den ganzen Rest des Festivals. Und ich muss mich noch korrigieren: das Zelt fasst nicht 600 Zuhörer, wie gestern geschätzt, sondern 1’000 – abgezählt und hochgerechnet!

Cross Culture Festival Warschau:

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