Gypsy Heart-Beats – Eröffnungsabend WOMEX 2015

Die Gypsies kamen etwas zu kurz am Eröffnungsabend der WOMEX 2015. Es waren die arrivierten Virtuosen des Genres, die gefälligeren Interpreten, welche im Rampenlicht standen.

Ein Abend ohne viel Risiko, aber mit dem Handicap, zu gefällig zu sein. Dabei war der Start erst überraschend – ein nicht angekündigter Kurzauftritt der Muzsikás, der Folk-Helden der 70er und 80er Jahre und eine kurze Bartok-Einlage am Piano. Dann eine theatralisch witzige, singende und tanzende Erklärung, wie der Gypsy zum Tanz kam: Attila Olah’s brachte es in aller Kürze auf den Punkt.

Monika Lakatos und Romengo zeigten das, was an diesem Abend umfangreicher vertreten hätte sein müssen: Gypsy-Songs aus dem Herzen der Roma. Emotion von Klage bis Lebenslust, echt und ungekünstelt in beiden Gefühlslagen. Mit Tcha Limberger betrat ein Musiker die Bühne, der ganz in seiner Musik aufgeht. Anfänglich melancholisch schwere Geigenmelodien, die erst in hohe Virtuosität und bald in ein erstaunliches Zwiegespräch zwischen Geige und Stimme kippten. Erstaunlich, wie eng sich Dissonanz und Harmonie verzahnten, Emotion in reibenden und wohltuenden Tonverbindungen ausdrückten. Hohe Kunst.

Die hohe Kunst des Singens beherrscht auch Bea Palya. Das bewies sie zum Einstieg gleich deutlich im Duett mit Tcha Limberger. Allerdings hat ihr der Weg aus der Tradition in die urbanen Musikstile einen Nachteil beschert: sie forciert ihre Stimme ungemein. Lautstärke und Schalldruck ersticken Emotionen, wenn sie mit ihrer eigenen Band singt. Der Unterschied wurde besonders deutlich in einem Duett mit Monika Lakatos: hier Ausdruck, da Schalldruck.

Als dann gegen Ende des Konzerts die All-Star-Band mit den Violin-Chefs Ferenc Radics und Pal Istvan Szalonna an der Reihe war, waren die sechs Musiker nicht zu bremsen. Sie zeigten alle ihr hohes Können in einem Melodienpotpourri, das sich aber ständig am Turbo-Tempo der Darbietung verschluckte, oder überschlug. Schneller, wilder, rasend bis zum Aussetzen des Herzschlags der Melodie … leider.

Darum: etwas weniger zur Schau gestellte Virtuosität und Gefallen-wollen, etwas mehr Ehrlichkeit in den Emotionen und es hätte zu dem werden können, was angekündigt war: der Herzschlag der Gypsy-Musik.

One thought on “Gypsy Heart-Beats – Eröffnungsabend WOMEX 2015

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..