Das Projekt «Oríkì» begleitet Iara Rennó seit 2009. Es ist mehr Trance, Gebet, als Pop-Musik, auch wenn viele Popgrössen sich daran beteiligen.
Die Geschichte hinter dem Projekt ist riesig. Man erlaube mir die Vereinfachung. Oríkì sind Gebete, Anrufungen, Verbindungen mit den Orishas, dem Götterolymp der Yoruba-Tradition. Diese Götterwelt und die ihr zugeschriebenen Gebete kamen mit den Sklaven nach Südamerika, und erlebten hier eine Verwandlung. Denn soziale Unterdrückung und Ausgrenzung, religiöse Verfolgung durch die christliche Kirche, trieb die Anhänger in den Untergrund. Nur in geheimen Zeremonien konnten die alten Bindungen gepflegt werden.
Iara Rennó ist multimediale Künstlerin, Sängerin, Songschreiberin und Fernsehproduzentin. Sie begann ihr Projekt mit einer Ausstellung über Oríkì, profilierte 12 Gottheiten durch diese Anrufungen. Oriki sind unterschiedlich lange Gedichte, welche die Eigenschaften der jeweiligen Gottheit beschreiben. Ursprünglich wurden sie von speziell ausgebildeten Sängerin interpretiert. Rennó hat viele dieser Gesänge/Gedichte bei ihrer aktiven Teilnahme an Candomblé-Zeremonien kennengelernt.
Keine Pop-Geschichten
Rennó will mit diesem Projekt mithelfen, dass diese Tradition wieder aus dem Verborgenen in den Alltag zurückkehren kann. Die Liste der Musiker*innen die sie bei dem Projekt unterstützen, ist ellenlang, besetzt mit funkelnden Namen: Criolo, Curumin, Carlinhos Brown, Anelis Assumpçao, Lucas Santtana, Kiko Dinucci, etc. Doch es ist kein Pop-Album, sondern eine Ehrerbietung an die Vorfahren und ihre Verbundenheit mit der Natur und der geistigen Welt.
Die Grundstimmung der Anrufungen ist ruhig, Trommeln beherrschen das Tempo, den Herzschlag. Die instrumentalen Arrangements bedienen sich aus der Pop- und Jazzwelt. Die Texte beruhen zu einem grossen Teil auf traditionellen Texten, gesungen wird in Yoruba, Portugiesisch und – selten – Englisch. Die hier vorliegenden 13 Songs sind nur die Hälfte des gesamten Projekts. Im laufen Jahr 2023 soll der Zwilling erscheinen: «Ori Okàn»
Man tut sich und den Songs einen Gefallen, wenn man sie nicht mit radio-abgehärteten Ohren hört, sondern sich auf die Stimmung der Kompositionen einlässt. Denn die Kraft liegt nicht wie üblich in Hook-Lines, Refrains oder Virtuosität, sondern in Atmosphäre, Stimmung, Klang. Es ist ruhige Trance-Musik für die Seele.
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