Jelena Popržan tanzt mit diesem Quartett zwischen Kammer-Jazz und Wiener Chanson der bittersüssen Art. Das hat seine Gründe.
Dass es zu diesem Quartett kam war die Folge einer Einladung. Am Festival «Glatt & Verkehrt» in Krems, eine Bahnstunde ausserhalb Wiens, gehört es zum Konzept, einheimischen Künstler*innen Kompositionsaufträge zu vergeben. Bratschistin und Sängerin Jelena Popržan, im Alltag Frontfrau von «Madam Baheux» oder als Solistin unterwegs, schrieb für das Festival 2021 ein zweiteiliges Programm: Instrumentalstücke im einen Teil, Lieder zu Texten von Tamar Radzyner als Gegengewicht.
Die Gedichte vertonte sie in stilistischer Anlehnung an die Wiener Moritaten eines Georg Kreisler oder an die Bühnenkompositionen eines Kurt Weill. Die Texterin, Tamar Radzyner, ist ein Verkannte der Literatur. Knapp dem Konzentrationslager entflohen, politische Aktivistin in Polen, floh sie wegen antisemitischen Anfeindungen in den 60er Jahren nach Wien, und fand später Kontakt zu den Kabarett-Kreisen von Georg Kreisler. Ihre Texte sind Konzentrate schallend lachender, beissender Ironie. Ein kleiner Ausschnitt aus «Ich habe meine Kinder wohl erzogen»:
Ich hab’ ihnen geraten: Denken kann man
doch zeigen davon darf man keine Spur.
Sie denken «Scheisse» und sagen «Danke»,
und wenn sie Lust verspüren sagen sie «L’amour»
Man hört mit Wonne zu und man begreift,
sie dürfen zu der Meute, sie sind reif.
Die Instrumentalstücke der Komponistin Popržan entfernen sich zuweilen aus den Fängen der wohltemperierten Harmonie und fransen ins Gefilde der Neuen Klassik aus. Sie werden zwar immer wieder von Wohlklang-Melodien eingefangen, wehren sich aber standhaft.
Für Leute, die auch für Liedgut und Kompositionen ausserhalb von Konformität und Gefälligkeit ein offenes Ohr haben.
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