Am zweite Konzertabend des Afro-Pfingsten Festivals in Winterthur ragte der Auftritt der peruanischen Truppe Novalima heraus. Die NZZ am Sonntag, resp. David Signer spazierte derweil durch die von Marktständen und Essbuden überstellte Altstadt, und verteilt an die Gutmeinenden heilsame Kopfnüsse.
Doch gehen wir erst chronologisch durch den Abend.
Der Abend unter dem Motto „Noche Latina“ wurde von der Tänzerin und Sängerin Regina Ribeiro aus Bern eröffnet – ein zwiespältiger Auftritt, irgendwo zwischen Konzept und gutem Willen. Aber leider waren Musik, kurze Tanzeinlagen und Gastauftritte befreundeter Musiker ohne erkennbaren Zusammenhalt. Auch die Musik wirkte seltsam intellektuell und ohne Lebenssaft.
Da hatten es die Herren des Orquesta Aragon einfacher: Sie spielen ihre Cha Cha Chas und Rumbas trotz über 50zig-jähriger Routine herzlich, engagiert und charmant. Für den weiblichen Charme-Tupfer holten sie Afia Mala aus Togo und Benin auf die Bühne.
Lariba mischen Kulturen und musikalische Stile wild durcheinander: Mexiko, Kuba, HipHop, Salsa, Schweiz, Ragga. Hier geht es um den Spass und um stark gewürzte Lebensfreude, das Publikum liess sich dankbar vom Groove anstecken.
Die Überraschung des Abends waren Novalima aus Peru, einigen vielleicht dank ihres Albums «Coba Coba» bereits bekannt. Live schaltet die mittlerweile 9-köpfige Truppe noch zwei Gänge höher: Was auf der Produktion im Lounge-Stil daher kommt, wird auf der Bühne zum Elektronik-Gewitter. Vertrackte peruanische Rhythmen und Techno-Loops ergänzen sich bestens. Publikum – und wie später im Interview zu erfahren war, auch die Band – genossen das Konzert sichtlich.
Einen harten Stand hatten Madera Limpia. Ihr Kuba-HipHop Mix wirkte zerfahren. Mit Energie alleine rettet man leider keine Songs.
Für die Orishas wurde der Auftritt zu einem Heimspiel (sie sind ja fast alle 6 Monate mal in der Umgebung von Zürich zu sehen und zu hören). Ganz klar Publikumsmagnet, und Liebling vor allem der jüngeren Konzertbesucher, lieferten sie einen routinierten Gig, der aber ständig zwischen Ups und Downs hin und her pendelte.
Die Altstadt ist voll
In den Gassen der Winterthurer Altstadt pilgern die Besucher im zeitweise schleppenden Lemming-Schritt vom Inder zum Schamanen, vom Trommler zum Bananenbier, und von den Glasperlen zum Solarkocher. Wir nehmen laden ein auf einen virtuellen Gang durch die Gassen, bitten aber auch darum, die Gedanken aus der NZZ am Sonntag zu lesen: Hier denkt David Signer über post-kolonialistisches Verhalten unsererseits nach, und verteilt heilsame Ohrfeigen:
Eine Veranstaltung wie Afro-Pfingsten ist ein Spiegel. Nicht ein Spiegel Afrikas, sondern von uns selbst. Denn die Marktfahrer inszenieren einfach das, was ankommt. Und wir – eigentlich hängen wir immer noch demselben Afrikabild an wie vor zwanzig oder fünfzig Jahren. Kein Wunder, bleiben viele Afrikaner, und gerade die «Integrierten», diesem Spektakel fern. Sie lassen sich nicht gerne diese Labels anhängen, diese wohlgemeinten «Multikulti»-Etiketten, diesen positiven Rassismus, der die Menschen nicht mehr nach Rassen, aber fein säuberlich nach Kulturen ordnet.