Bei Les Suds à Arles fangen die Tage gemächlich an – zumindest am ersten Tag. Man trifft sich im Garten des Espace Van Gogh – der Maler ist überall in der Stadt präsent – und wird auf Künstler und Angebote hingewiesen, die einem sonst entgehen könnten.
Die Direktion des Festivals, Stéphane Krasniewski und Marie José Justamond, stellen Musikerinnen und KuratorInnen vor. Kuratiert wird hier vieles, denn Les Suds à Arles ist nicht nur ein Musikfestival: Filme, Fotoausstellungen, Diskussionsrunden und Workshops gehören ebenfalls zum dichten Programm.
Vorgestellt wird z.B. das aktuelle Projekt des Sängers Walid Ben Selim, der mit seiner Harfenistin Marie-Marguerite Cano Gedichte von Klassikern der Sufi-Literatur, wie Rumi oder Mahmoud Darwisch, in Melodien überträgt.
Algerien ist präsent an diesem Festival. Kein Wunder: vor 50 Jahren erlangte Algerien nach langem Unabhängigkeitskrieg seine Souveränität. In Arles wird u.a. ein Film gezeigt, der in die letzten Kriegsjahre zurückblendet, und ein Festival in Erinnerung ruft, das sich tief in die Erinnerung der AlgerierInnen eingegraben hat: Das Festival Panafricain d’Alger, mit u.a. Nina Simone, Archie Shepp und Miriam Makeba. Edwy Plenel umreisst den historischen Bezug des Film.
Etwas später findet in der wunderbaren Gartenanlage des Espace das erste Konzert statt, ein Rezital des Koraspielers Kourou Fia. Er muss die etwas rhythmischeren Stücke seines Repertoires auspacken, denn die ZuhörerInnen verziehen sich in den spärlicher werdenden Schatten – einige haben sich einen Liegestuhl beschafft – und lassen sich von den Koraklängen entführen.
Das erste «richtige» Konzert findet eine Autofahrt weit ausserhalb von Arles, im Château de Tarascon, statt. Lass wird seinem Ruf gerecht, eine der strahlenden neuen Stimmen aus dem Senegal zu sein. Nur begleitet von seinem Gitarristen Matthieu Chavalet interpretiert er das Repertoire seiner ersten Produktion «Bumayé» (Spotify).
Das Überraschende: Dort, wo die Studioproduktion all die Klangwelten seiner Lehrmeister – Orchestra Baobab, Ismael Lô oder Youssou N’Dour – herausstreicht, muss hier die Stimme beweisen, dass die Songs aus sich heraus leben: Beweis erbracht! Kleiner Abstrich: Es war ein bisschen zuviel des Guten mit der Animation zum Mitklatschen und -Singen.
Eine strahlende Stimme, ein sprödes Schlagzeug und eine leicht verzerrte Arpeggio- bis Schredder-Gitarre sind die Markenzeichen von Choc Gazl. Lila Fraysse überzeugt mit klaren Interpretationen von obskuren Songwritern aus aller Welt, und mit eigenen Kompositionen zu Gedichten und Gedanken aus der Schatztruhe Südfrankreichs. Gesungen wird in Okzitan, Französisch und Spanisch.
Begleitet wird sie von der Gitarre von Nicolas Lafourest, der entweder leicht angeschrägte Akkorde in Einzeltöne auflöst, oder dann auf sein Instrument eindrischt und an den Saiten zerrt, dass man Angst haben muss um diese – die halten! Und es gefällt: Obwohl an Festivals eigentlich nicht üblich, und so auch von den Musikern angekündigt, verlangt das Publikum mit anhaltendem Applaus eine Zugabe. Wird gewährt.
Über Rodrigo Cuevas zu berichten ist nicht einfach, denn was der Sänger und Darsteller auf die Bühne bringt, ist ein ausgeklügeltes Zusammenspiel von Musik – alte asturische Melodien mit viel Inbrunst und leichtem Zynismus gekonnt interpretiert – überdrehter Performance, Schabernack und Rattenfängerei. Es gibt viel Klamauk und etwas anzügliche Anmache.
Cuevas hat seine Kunstfigur zwischen Freddie Mercury und einer spanischen Version von Borat angesiedelt. Er muss sich nicht zurückhalten, denn der Garten des Erzbischofs ist voller Fans, die ihm auch in die manchmal etwas überdrehten Wortspielereien zwischen Spanisch, Französisch, Englisch und Kauderwelsch folgen. Ein Spektakel, bei der die Stimme, der Gesang, leider etwas zu kurz kommt.
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