Les Suds à Arles – Tag 6 Rückblende und Epilog

Lemma at Les Suds a ArlesAm letzten, offiziellen Festival-Tag von Les Suds à Arles war alles etwas anders. Auch weil das Wetter es nicht zuliess, dass die letzten Konzerte so stattfinden konnten wie geplant.

Klagen wir kurz: Als ich vor drei Tagen erwachte, lag Rauch in der Luft. Ich dachte zuerst an jemand, der trotz Feuerwerk-Verbot etwas hatte abbrennen lassen. Und eben – Dürre, Brandgefahr.

Nun hatte ein Funkenflug eines bremsenden Zuges in der Nähe von Avignon einen Busch- und Waldbrand ausgelöst, der schnell rund 10 km2 Baumbestand in Flammen aufgehen liess. Der Geruch ist weg, das Feuer unter Kontrolle, und das staatliche Bahnunternehmen SNCF warnt vor Verspätungen, vielleicht weil  die TGV-Züge jetzt wohl nicht mehr ganz so schnell unterwegs sind wie sonst üblich – man muss dann weniger abbremsen.

In Arles hatte die enorme Hitze zur Folge, dass der algerische Konzertabend nicht wie vorgesehen in einem Industriekomplex stattfinden konnte, sondern ins Amphitheater verlegt wurde – ein guter Entscheid. Doch der Reihe nach.

Der Tag begann mit Vorführungen aus den unterschiedlichen Workshops. Denn Les Suds sind nicht nur Konzerte, sondern auch Diskussionsrunden, Filmvorführungen und eben Workshops: Tanz, Rhythmik, Gesang und Volkstanz sind die Schwerpunkte. Erstaunliche Choreografien sind während der Woche entstanden, der Enthusiasmus der Teilnehmerinnen – es waren mehrheitliche Frauen, welche die Workshops besuchten – war offensichtlich und spürbar.

Trommeln, afrikanisch
Trommeln, brasilianisch
Bambus-Perkussion, pazifisch

Enthusiasmus auch beim ersten offiziellen Konzert des Tages mit Le Mange Bal auf der Place Voltaire. Der Mix von der Bühne: Traditionelle Folk-Melodien aus allen Regionen Frankreichs, aufgebohrt mit gekonnter Technologie und viel Subbass.

Vor der Bühne: Paar- und Reihentänze, angeführt von Tänzerinnen und Tänzern, die noch wissen, wie solche Tänze ablaufen. Das Publikum kopierte schnell, was die Vortänzerinnen vormachten.

Ein nachdenklicher, aber auch humoriger Denis Cuniot liess derweil im ruhigen Garten des Erzbischo-Palastes eine musikalische Kultur wieder aufleben, belebte eine Erinnerung an die Komponisten der Klezmer-Tradition und ihrer Werke.

Er holte Melodien aus der jiddischen Vergangenheit, und aus aller Welt, auf sein Piano. Manchmal etwas fahrig in der Interpretation, aber herzlich im Auftritt.

Der Abend gehörte zwei ganz unterschiedlichen Seiten der algerischen Musik. «Lemma» ist eine Initiative der Sängerin Souad Asla. Sie vereint Frauen aus dem Süden Algeriens zu einem Chor der Geschichtenerzählerinnen. Klingende Erinnerungen und rituelle Lieder, vorgetragen von stimmgewaltigen und Rhythmus-mächtigen Ladies: eine lebendige, berührende Tradition.

Mit Sofiane Saidi stand dann jener Musiker auf der Bühne, der gerne auch als «Prinz des Raï 2.0» bezeichnet wird. Umgeben von seinen Maschinen, und mit vielen bekannten Refrains im Repertoire, lässt er das sehr gut gefüllte Amphitheater tanzen.

Es ist ein etwas durchzogenes Konzert. Saidi wirkt fahrig, seinen Ausflügen, sowohl auf dem Keyboard wie auch stimmlich, fehlt es an Konzentration und Biss.

Abgerundet wird der Abend von seinen ehemaligen Bandkollegen, von «Acid Arab». Die lassen nichts anbrennen, und packen den digitalen Hammer aus.

Bassriffs, die zwingend in die Knie und ins Zwerchfell fahren, flirrende Melodien aus dem Synthesizer, Beats aus dem Sequenzer – Hochprozentiges aus der Dancefloor-Kiste. Als dann für einen Kurzauftritt noch Sofiane Saidi dazu stösst, ist die Raï 2.0 Welt wieder in Vollformation.

Epilog

Am Sonntag Morgen lud das Festival an einen sehr speziellen Ort zu einem intimen Konzert ein. Mitten im Naturschutzgebiet der Camargue, in der Domaine de la Palissade, gaben JeroM und Oriane Lacaille a.k.a Bonbon Vodou ihr Konzert. Begleitet vom einem Gross-Orchester von Zikaden holten sie La Réunion nach Europa.

Ein wichtiger Teil des Charmes diese Duos sind ihre Stimmen, ihre Zweiklänge. Ein ebenso wichtiger Teil ihr Sammelsurium aus Alltagsgegenständen, die in ihren Händen zu Rhythmus und Groove-Instrumenten werden: kreativ, charmant, einnehmend.

 

Alle Tageszusammenfassungen

Montag, 11. Juli
Dienstag, 12. Juli
Mittwoch, 13. Juli
Donnerstag, 14. Juli
Freitag, 15. Juli
Samstag, 16. Juli

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