Amália Rodriguez ist die Übermutter des Fado. Mariza hat ein Sängerinnen-Leben lang von ihr gelernt und sich über die Jahre von ihr emanzipiert.
Wer als Frau Fado singt, kommt nicht um Amália Rodriguez herum. Sie bleibt der Fado-Leuchtturm des 20. Jhds. Die Frage ist vielmehr, wie man mit dem Repertoire umgeht. Interpretation ist die Antwort – nicht Adaption! Denn Gefühle können nicht wiederholt werden, und die Interpretation von Fado-Melodien hat viel mit Gefühl, Intensität und Zu-eigen-machen zu tun.
Mariza führte immer wieder einzelne Songs aus dem Repertoire der Rodriguez in ihrem eigenen. Dies hier ist das erste Album aus dem Fado-Liederbuch, die ausschliesslich von Amália gross gemacht wurden. Mariza nähert sich dem Repertoire mit Respekt an, und der Absicht, keine Doubletten zu liefern. Sie hat mit ihrer eigenen Karriere den Fado aus den Schatten ins Licht gebracht und weiss, was sie den Songs schuldet, nicht der Erst-Interpretin.
Es gibt für mich einen Wermuts-Tropfen in der Produktion: Jaques Morelenbaum ist für die Arrangements zuständig. Die beiden hatten bereits für das Album «Transparente» (2019) zusammen gearbeitet. Mariza legte ihm ihr Wunschrepertoire vor, 40 Songs, und Morelenbaum wählte jene aus, die für ihn am herausfordernsten waren. Was er als Herausforderung betrachtete mündet zuweilen in eine Gross-Orchester-Wolke, welche die Sängerin umgibt, auffängt, aber nicht einhüllt, umgibt, aber nicht streichelt. Das mag im historischen Kontext richtig sein. Nur ist es irgendwie kontraproduktiv, denn Mariza bemüht sich, eben nicht den opulenten Gefühls-Gestus der Originale zu feiern, doch Morelenbaum arbeitet mit orchestraler Opulenz in die andere Richtung.
Für mich eine ehrliche Verbeugung der Sängerin vor der grossen Fado-Ikone des letzten Jahrhunderts, leider etwas zu dick und unverbindlich in Streicher-Arrangements verpackt.
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