Der zweitletzte Abend des Festivals Glatt & Verkehrt trug den Titel «Der Ferne Klang», und die Ferne bezog sich auf Asien.
Dieser Erdteil ist ausserordentlich reich an Trommeln aller Art und exotischen Instrumenten. Wie die Koto bis in Jazzgefilde vordringen, und eine Pferdekopfgeige auch gegen eine Rockband anspielen kann, das hörte ich zum ersten Mal live in Krems.
Entfesselte Koto und komplexe Rhythmen
Nguyen Lê’s aktuelles Projekt trägt den Titel Saiyuki, und ist angelehnt an die Geschichte von Monkey, dem abenteuerlichen Geist in den Götterhimmeln Chinas. Die japanische Koto von Mieko Miyazaki, die vietnamesische Jazzgitarre von Lê und die indischen Tablas von Prabhu Edouard bieten genügend Klangfülle, um jede Abenteuer-Geschichte zu erzählen. War diese mal nicht selbsterklärend, erläuterten sie die Musiker in herzlichen Ansagen. Insbesondere Prabhu profilierte sich als scharfzüngiger, witziger Moderator. Lê hielt seine Gitarre im Zaum, Mieko liess ihrer Koto freien Lauf und Prabhu gab den Songs den nötigen Drive – viel spannender noch als die Aufnahmen auf CD!
Jedes asiatische Land hat seine Trommeln, aber Korea hat die wohl komplexeste Rhythmus-Kultur. Das Sonagi Project von Jang Jae Hyo spielt vor allem auf den zweifelligen Janggo-Trommeln, die eine komplizierte Schlagtechnik verlangen. Gongs ergänzen das Klangspektrum, ruhige Lieder schaffen Oasen zwischen treibenden, lauten und vertrackten Schlagwerk-Stücken. Diese Lieder wurden an diesem Abend von der Cellistin Okkyung Lee und dem Violonisten Hahn Rowe begleitet – Sounds, Noises und Sampler legten sphärische Teppiche aus. Krems bedankte sich für das furiose Schlag-Feuerwerk mit tosendem Applaus.
Trockener Charme aus Peking
Hanggai ist ein Ensemble, das die einfachen, melodiösen Lieder aus der mongolischen Steppe in die Hauptstadt Peking getragen hat. Neben den traditionellen Instrumenten wie der Laute Tobshuur oder der Pferdekopfgeige ist die Instrumentierung nicht anders als die jeder anderen Rockband dieser Welt: Bass, Gitarren, Schlagzeug. Es sind die Melodien, der sehnsüchtige Klang der Geige, und immer wieder der Ober- und Unter-Ton-Gesang, welcher ganz klar die geografische Herkunft der Band markieren.
Die Ansagen kamen selbstbewusst in Chinesisch, oder aber in sehr trockenem, sympatisch-hölzernen Englisch daher – mit der Zeit kannte man die Hauptinhalte der Songs: Liebe, Feste und schöne Pferde. Als Hanggai als zweite Zugabe dann nochmals ihren «Drinking Song» anstimmten, hob auch das Kremser Publikum bei jedem Refrain begeistert das Glas (resp. den Becher): «Hey!»
Am 1. August geht das Festival 2010 mit «Wilden Balladen» zu Ende, Infos dazu unter www.glattundverkehrt.at, Radiosendungen auf Ö1, und die Slideshows der vergangenen Abende hier (Mittwoch, Donnerstag, Freitag).
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