Das Orchestre Tout Puissant Marcel Duchamp, die sehr wandlungswillige und etwas sperrige Grossformation aus der Schweizer Romandie, häutet sich erneut.
Ist «Ventre Unique» der richtige Titel? Sollte es nicht vielleicht «unique digestion» heissen? Denn man ist ständig auf der Suche nach den musikalischen Einflüssen, welche diese Grossformation aus dem Raum Genf in den letzten drei Jahren verdaut hat. Beim ersten Durchlauf tauchten in meinem Kopf immer wieder die spastischen Bewegungen von David Byrne, die hektischen Grooves der Talking Heads auf. In jedem anderen Kopf wird die Assoziation eine andere sein.
Das Orchestre Tout Puissant Marcel Duchamp ist immer noch viel zu sperrig, um sich in irgend eine Schublade quetschen zu lassen. Die Sounds sind härter, metallischer geworden. Die Gitarre wird zum Schredder, zur Beisszange, während die weit verzweigte Perkussionsabteilung ihre repetitiven Loops auf Holz, Fell und unkonventionelle Klangkörper schlägt. Bläser und Streicher fallen gerne disharmonisch übereinander her, sind sich rhythmisch doch sehr oft einig. Die Stimme(n) spielen mit mehrsprachiger Poesie, verstehen sich immer wieder als zusätzliche Perkussionsinstrumente, ohne aber zu rappen. Die Songs (und die Texte) sind kürzer, kompromissloser, hektischer geworden, atemloser, aufgeregter, manchmal gehetzter – wie die Zeiten.
Es ist ein Paradox: Die Kompositionen haben an schabender Rauheit zugelegt, und doch ist diese Produktion zugänglicher als ihre Vorgänger.
Eine Scheibe für (intellektuelle) Audio-Abenteurer! Weltmusik? Kaum. Aber ein rhythmischer Klang-Spiegel der Welt.
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