Das Putumayo Label ist das Lebenswerk von Dan Storper. Am Anfang stand das Interesse für ferne Länder. Die Musik ferner Kulturen zu vermitteln wurde später zum Lebensziel.
Die Geschichte des Putumayo Labels verlief in den Anfängen etwas verwinkelt. Man muss vielleicht voraus schicken, dass Dan Storper ein Händler-Gen besitzt. Die Geschichte darüber gibt’s auf seiner persönlichen Wikipedia-Seite. Er studierte an der Universität von St.Louis die Geschichte Lateinamerikas, doch das Leben liess ihn zum Unternehmer werden. Seinen Bezug zur geografischen Region von Putumayo erzählt er in einem Podcast auf TheWorld.org.
Putumayo, die Firma, begann als Laden für Stoffe und Handwerks-Gegenstände aus der gleichnamigen, kolumbianischen Region. Später brachte Storper nicht nur Gebrauchsgegenstände aus Kolumbien in den Norden, sondern auch Musik. Die stiess auf genau so viel Interesse bei seiner Kundschaft wie seine Kleider und Stoffe. Als er dann anlässlich eines Konzerts auch noch die Musik Afrikas entdeckte, wuchs der Entschluss, solche Musik ganz Amerika zugänglich zu machen. 1993 erschien der erste Putumayo Sampler.
Das Putumayo-Prinzip und innovative Vertriebskanäle
Storper ist kein Produzent, er ist ein Musikliebhaber und ein Verkäufer. Seine CD’s tragen eingängige Titel: Putumayo presents Tango, … presents Greece, … presents Mali, etc. Die Titel, die er für diese Sammlungen zusammenstellt richten sich in erster Linie an westliche Ohren. An Hörerinnen und Hörer, die etwas Exotik, fremde Harmonien und Rhythmen in ihre Plattensammlung bringen wollen. Die eingefleischten Fans und Kennerinnen dessen, was sich unter dem Dach der World Music trifft, ist nicht seine Zielgruppe.
Sagte ich schon, dass Storper ein guter Verkäufer ist? Er ahnte, dass er seine Käuferschaft nicht allein über die offiziellen Plattengeschäfte finden würde. Seine CDs wurden an Flughafen-Ständen angeboten, in Hotellobbies, in Welt-Läden, bei Starbucks. Die Logik: Wer Kaffee aus Kolumbien bestellt, interessiert sich vielleicht auch für die Musik aus jener Weltgegend, aus welcher der Kaffee stammt. Wer aus der Karibik nach Hause fliegt, nimmt zur Erinnerung gerne eine Musik-Sammlung einer Afro-Caribbean Party mit.
Diversifizierung statt Experimente
Die musikalische Grundlinie blieb über all die Jahre konstant: Zugängliche Musik aus fernen Kulturen; aber nicht zu fern. Positiv vermerkt: Selten werde Songs der grossen Stars als Verkaufs-Lockvogel verwendet. Weniger positiv: Musikalische oder stilistische Klangexperimente und -Entwicklungen werden nicht beachtet. Vielmehr geht es den Machern der Compilations immer darum, zu zeigen, dass es viel mehr Musikerinnen und Musiker in den jeweiligen Kulturen gibt, als man in den sowieso seltenen Weltmusik-Radiosendungen zu hören bekommt.
Denn dort wird eher die Musik an den Rändern der jeweiligen neusten Trends und Entwicklungen eines Kulturkreises vorgestellt. Und die englischen Kollegen von World Music Network bedient mit ihren Rough Guide Compilations bereits diese Kundschaft. Putumayo kümmerte sich um die Stars und Band in der Mitte der jeweiligen Szenen und Stile.
In den Booklets werden die Musikerinnen und Bands jeweils ziemlich ausführlich vorgestellt. Putumayo war also ein Gatekeeper der zugänglichen Vielfalt, bevor der Ausdruck im Zusammenhang mit den Streaming-Kanälen Gewicht bekam. Es wurden neue Marktkanäle in die Sammlungs-Philosophien gelegt: Musik für Kids, Musik für Stimmungen, Musik für dies und jenes. Mit höherem Fachwissen und grösserer Sorgfalt als viele anderen Serien. So entdeckt vielleicht auch ein langjähriger Sammler oder eine intensive Hörerin im Putumayo-Katalog noch Interpreten, die er oder sie bislang nicht kannte.
Musik im Abonnement
Vor zwei Jahren dann kam ein weiterer Schritt, resp. Schnitt: Keine physischen CDs mehr! Seit 2022 erscheinen die Putumayo-Sammlungen ausschliesslich digital. Und Verkäufer Storper drehte die Produktions-Philosophie nochmals um. Was bei der physischen Produktion eingespart wird, schlägt sich jetzt in Output nieder. Seit anfangs 2024 erscheinen jeden Monat zwei neue Sammlungen.
Zudem kommt Storper aus jenem Land, welches Reader’s Digest erfand. Er bietet die Putumayo-Linie neu als Abonnement an. Für viele im (amerikanischen?) Westen vielleicht «praktisch», für Liebhaber von Weltmusik – ich zähle diese Klientel eher zu den Individualisten und Selbstbestimmten – etwa so gewöhnungsbedürftig wie die Abonnements für Kleider, oder die wöchentliche Gemüselieferung inkl. Menu-Koch-Begleitzettel.
Die digitalen Quellen von Putumayo sprudeln überall reichlich. Die Streaming-Kanäle sind randvoll, besonders die von YouTube. Verkauft wird gerne über Bandcamp, was sympathisch ist, weil es den Musikerinnen und Musikern im Endeffekt auch etwas mehr einbringen könnte. Apple Music hat die Files ebenfalls.
In dieser Playlist habe ich einen Querschnitt des 2024er-Jahrgangs von Putumayo zusammengestellt. Für einmal führen die Links in der Songliste nicht zu einzelnen Rezensionen, sondern direkt zu den entsprechenden Label-Seiten. Dort gibt’s zu jedem Titel Infos über die jeweiligen Interpretinnen. Und die Links zu Bandcamp. Viel Klickpotential für ein verregnetes oder kaltes Wochenende. Diese Playlist kann über die drei bekannten Kanäle abgerufen werden.
Song | Artist | Album | Datum |
---|---|---|---|
Peyi Mizik | Jean Jean Roosevelt (Haiti) | Putumayo presents Caribbean Celebration | 2024 |
Kote Moun Yo | BelO (Haiti) | Putumayo presents Global Celebration | 2024 |
Espoir | Dobet Gnahoré | Putumayo presents African Celebration | 2024 |
Mar de Amor | Tabatha Fher & Breno Virícimo | Putumayo presents Lounge World | 2024 |
Ay, Ay, Ay | Locomondo with Amparo Sánchez (Spain, Greece) | Putumayo presents Global Party | 2024 |
Angola | Kavita Shah with Bau & Miroca Paris (USA, Cabo Verde) | Putumayo presents Café Africa | 2024 |
Dissa | Karyna Gomes (Burkina Faso, Portugal) | Putumayo presents Global Beat | 2024 |
Fou de Vous | Pat Kalla | Putumayo presents African Celebration | 2024 |
Del Orteguaza al Caquetá | Laura Roussey; Masilva (Colombia) | Putumayo presents Café du Monde | 2024 |
Ozatura | Youthie with Macca Dread feat. Sista Clara (France) | Putumayo presents Global Celebration | 2024 |
Galope | Luizga & Edgar Valente | Putumayo presents Café Brazil | 2024 |
La Vie en Rose | Captain Sparks & Royal Company (France) | Putumayo presents Global Beat | 2024 |
Cumbia de Carolinas | Roberto Portillo (Argentina) | Putumayo presents Global Party | 2024 |
Dodo | Neto Amado (São Tomé and Príncipe, Sweden) | Putumayo presents Global Celebration | 2024 |
Fiesta en las Calles | Kumbia Boruka | Putumayo presents Fiesta Latina | 2024 |
Divine Design | The Mulligan Brothers (USA) | Putumayo presents Folk Café | 2024 |
Fam Couma Ou | The TWO (Mauritius / Switzerland) | Putumayo presents World Love Songs | 2024 |
Ewa | Fred Deshayes & Methi's (Guadeloupe) | Putumayo presents World Beats | 2024 |
To Green Lake | Nasu Luoben (China) | Putumayo presents Global Celebration | 2024 |
Eres el viento | Josefa Ibarra (Chile, Switzerland) | Putumayo presents Café du Monde | 2024 |
Canela | Maneli Jamal (Iran, Canada) | Putumayo presents Global Relaxation | 2024 |
Dr. Dez-the-Finger meint
Grossartiges Label. Was haben wir zu „Acoustic Africa“ gefachsimpelt, zu „Rumba Mambo Chachacha“ geschwoft und uns mit „South Pacific Islands“ so richtig vollaufen lassen.
Schade, dass die kleinen Silberdinger nicht mehr erscheinen. All die herrlichen Covers; ich besitze über 60 davon. Im Regal tat ich damit etwas, was man gewiss nicht tun sollte: die Welt nach Farben sortieren…