Der zweite Konzertabend der Recontres de Chants Polyphonie de Calvi war fest in weiblicher Hand.
Huong Thanh aus Vietnam interpretiert Lieder ihrer Heimat in einer pan-asiatischen Version: Mit der Koto aus Japan und der Erhu aus China. Und vier Frauen aus Neapel und dem Salento bringen Pfeffer, Liebesleid, Tanz und Tambourine in die altehrwürdige Kathedrale von Calvi.
Huong Thanh wird gern als Jazzsängerin bezeichnet, weil sie mit Nguyen Lê eine Formation zwischen Jazz und Weltmusik hat. Laut eigener Aussage singt sie aber einfach die Lieder ihrer Heimat und zieht ihnen neue Kleider an. Mit der japanischen Koto von Mieko Miyasaki und der chinesischen Pferdekopf-Geige Erhu von Guo Gan hat sie in ihrer Formation «Asian Colors» eine kleine, aber sehr ausdrucksstarke Truppe zusammen gestellt. Die lehrenden und lachenden Songs gewinnen enorm an Nähe. Und Charme ist der Vorname von Asien.
Das Ensemble Irkutsk interpretiert die polyphonen Gesänge einer Volksgruppe, die es leider nicht mehr gibt. Durch die monströsen Energiepläne am Balkansee wurden vor einem halben Jahrhundert 500 Dörfer aufgehoben. Die Dorfbewohner leben heute irgendwo, nur nicht mehr zusammen. Seit fast zwei Jahrzehnten graben Alexander Rogachevsky und seine Mitstreiterinnen nach den verlorenen Wurzeln und bringen sie wieder unter die Leute. Eine enorm vielseitige und ausdrucksstarke Polyphonie war zu hören.
Die Frauentruppe Assurd aus Neapel sind alte Freunde von A Filetta. Vor zehn Jahren waren sie zum ersten Mal an das Festival eingeladen. Auch dieses Jahr begeisterten sie mit ihrem Frauenpower – eigentlich Weiberpower – das Publikum. Ihre Lieder, mal solo, mal mehrstimmig interpretiert berichten eigentlich fast ausschliesslich von einer Sache: Wie schwierig und doch so beglückend dieses seltsame Gefühl namens «Liebe» ist. Und alles was es mit sich bringt, Männer und Kinder zum Beispiel.