Der Posaunist Samuel Blaser beschäftigt sich auf «Routes» mit einer legendären Figur der Jazz- und Ska-Szene Jamaikas, mit Don Drummond.
Drummond ist eine tragische, schillernde Figur in Jamaikas Ska- und Jazz-Geschichte. Er lebte in den 50er und 60er-Jahren in Kingston auf der Grenze zwischen Genie und Wahn. Das Genie verschaffte der Posaune in Jamaika einen neuen Stellenwert, z.B. als Mitglied der Skatalites (Spotify). Als Jazzer gab er dem Ska neue Impulse. Im Wahn ermordete er in einer Silvesternacht seine Geliebte. Er wurde in eine geschlossene Anstalt eingewiesen, wo er vier Jahre später starb.
Samuel Blaser hat drei Kompositionen Drummonds ausgewählt, und ihnen mit seinen Arrangements einen neuen Anzug verschafft. Dafür hat er eine Truppe um sich geschart, der es ausgesprochen wohl ist in diesem Grenzgebiet zwischen Ska und Jazz. Mit u.a. Alex Wilson, Ira Coleman oder Heiri Känzig hat der Posaunist Blaser eine gestandene Studio-Crew zusammengetrommelt. Gestanden heisst hier auf keinen Fall uninspiriert – nein, die Truppe geniesst die Kompositionen von Drummond und Blaser, denn die drei Stücke von Blaser und Wilson setzen den Groove von Drummond perfekt fort, sind quasi Song-Cousins.
Für zwei Songs lud Blaser zusätzlich die Sängerin Caroll Thompson ins Studio ein. Auch ihre Songs passen bestens ins Repertoire, obwohl hier das American Songbook markant durchscheint. Und weil Ska und Lee «Scratch» Perry sowas wie Synonyme sind, gibt’s auch noch zwei Remixes auf der Scheibe – die allerdings nicht die Dichte der Studio-Einspielungen aufweisen. In Blasers, wie in den Drummond-Kompositionen, bilden Groove, Respekt und Improvisation ein gutes Team.
Jazz muss nicht in dunkeln Clubs stattfinden, er wird genauso gerne im Sonnenlicht genossen.
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