Auf dem Weg hoch ins Kollegium St. Fidelis nehme ich noch eine tieftraurige Melodie von Macsanka aus dem Jazzpavillon mit. Jazz ist heute angesagt, mit ein paar Grenzüberschreitungen inklusive. Das ist normal hier in Stans.
Das Rabih Abou-Khalil Quintett ist angesagt. Der Oud-Spieler Abou-Khalil könnte, wäre er nicht lieber mit seiner Musik unterwegs, sicher auch als zartbitterer Standup-Poet sein Leben verdienen. Auf jeden Fall wird schon in der Vorstellung seiner Musiker klar, dass hier eine verschworene Truppe auf der Bühne steht. Beispiel (frei zitiert): «Spätestens seit die Amerikaner auf der Suche nach ihren irakischen Wurzeln in den Osten kamen weiss man, dass neben jedem guten Araber ein treuer Amerikaner steht. Auch bei mir, am Schlagzeug Jarrod Cagwin….». So und ähnlich wurde jedes Bandmitglied vorgestellt, bevor es dann losging mit einem quirligen Mix aus rhythmisch und melodisch vertrackten Grundmustern und ausführlichem Raum für Improvisationen.
Das Tempo des Konzertes war sehr hoch angesetzt und es war eine willkommene Abwechslung, als Abou-Khalil auch mal zu einer Ballade ansetzte, einem Lamento (frei zitiert): «Es gibt hunderte von Stimmungen in der arabischen Musik, nicht nur Dur und Moll. So gibt es traurige Skalen, und noch traurigere Skalen, und tieftraurige Skalen, und wahnsinnig traurige Skalen, und….. und ich spielte jetzt die traurigste Tonart überhaupt. Es ist ein Lied auf meine alte Heimatstadt Beirut, stellvertretend für viele Städte heute, nicht nur im Nahen Osten…».
Echo aus den 70ern, mal jazzig, mal technisch
Im Jazzpavillon verbeugten sich (symbolisch!) die Musiker von «Schneekönig» vor den Vorbildern aus den 70er und 80er Jahren: Da drückte doch ein bisschen Weather Report durch, dort gaben noch geradere Rockbeats den Ton an. Auf jeden Fall gerade richtig für das wieder etwas schnatternde Publikum. Und die Jungen trieb es in den Club im Engel, wo DJ Strictly Kev im Namen des Projekts DJ Food nicht davor zurückschreckte, Mögliches und Unerwartetes zusammen zu mixen. So jagte er u.a. doch tatsächlich Slices und Samples des Beatleshits «Come Together» durch die Sequenzer – und das Original läuft weit unter 120bpm. Als hiesse die Message: Recycle! Everything!
Auf dem Heimweg noch ein kurzer Abstecher ins Weltmusikzelt: Hier vernahm ich, dass es dem anwesenden Partypublikum doch tatsächlich gelungen war, eine Band – die «Dead Brothers» mit ihren kammermusikalischen Moritaten – im wahrsten Sinne von der Bühne zu quatschen, d.h. das Publikum redete lauter als die Band von der Bühne tönte. Es resultierte in einer Publikumsbeschimpfung von der Bühne herab und einem Akustik-Set mitten in jenem Grüppchen von Besuchern, die wegen der Musik gekommen waren, und nicht um mit KollegInnen Neuigkeiten auszutauschen.
Zwei Tage stehen in Stans noch an – hier das Programm.
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