Der letzte Konzertabend in Stans ist immer der längste. Aber die Zeit verging im Nu! Mein Konzertreigen begann bereits am späten Nachmittag sehr spannend: Wang Li aus China zeigte, wie virtuos man in seiner Heimat ein unscheinbares Instrument, das Trümpy, auch Maultrommel genannt, bespielt, und wie unterschiedliche Instrumente dieser Gattung es gibt.
Als zweites, überraschendes Instrument stellte er eine Kürbisflöte vor. Hier legt ein Flötenhals einen ruhigen Grundton, und auf dem zweiten Flötenteil improvisiert der Musiker. Wang Li bläst diese Flöte mit der nie abbrechenden Zirkulär-Atmung und erzeugt so bruchstellenlose Melodien von bezauberndem Reiz.
Ganz anders der Umgang von Aram Bajakian und seinen musikalischen Wurzeln: Im Trio des Gitarristen ist die Musik Armeniens vor allem Ideen- und Melodienlieferant für rockige bis punkige Adaptationen. Wobei er aufpassen muss, dass ihm die alten Melodien nicht die Show stehlen, denn die gehen auch in Noise-Attacken und Affenzahn-Tempi nicht unter. Es ist als wollten sie sagen: Uns kriegt ihr nicht klein!
Melodien rund um’s Mittelmeer
Leisere Töne gab’s im Kollegium, zuerst mit der spanische Diva Martirio. Für die Texte greift die Sängerin gerne auf Gedichte älterer Poeten Spaniens zurück, und bindet diese in Melodien zwischen Flamenco, Bossa Nova und Jazz. Begleitet von einem Gitarristen mit knackig-rhythmischen Grundgroove und einem lyrisch-jazzigen Pianisten breitete sie ihr Repertoire aus, wobei ich jene Nummern lieber hatte, in denen die iberische Herkunft klar im Vordergrund stand. Denn die Bezüge zum Jazz wurden leider schnell etwas aussagelos.
Auf derselben Bühne stellte Titi Robin anschliessend sein letztes Werk «Les Rives» vor. Das ist extrem herausfordernd, ist doch der Grundgedanke seines Triple-Albums, dass je eine CD einem Kulturkreis gewidmet ist: Marokko, Türkei, Indien. Neben seinen treuen Begleitern am Akkordeon und der Perkussion hat er je einen Vertreter jedes Kulturkreises für die Live-Auftritte eingeladen. So kommt es zu indisch-marokkanischen Begegnungen, in denen die türkische Flöte den Ton angibt, oder zu treibenden Grooves aus der Sahara, über den Flöte und Sarangi ihre Melodien legen. Der Saitenmeister Robin selber malte in längeren Vorspiel-Sequenzen jeweils die Möglichkeiten seiner Kompositionen aus, und überliess dann seinen Gästen die Ausformulierung. Ein mehrheitlich ruhiges, dem Titel entsprechendes Konzert: Die Melodien rollten auf den Strand, und zogen sich dann wieder zurück.
Schlussbemerkung
Über einen Mitorganisator des Festivals muss ich mich allerdings noch beschweren: Petrus hat es sträflich verpasst, diese aussergewöhnliche Musikwoche mit etwas wärmeren Temperaturen zu unterstützen. Ich stelle den Antrag, dass ihm für’s nächste Jahr Auflagen gemacht werden: Kein Regen, mindestens 15 Grad und eine lächelnde Sonne, bitte!
Die anderen Konzert-Rückblicke sind hier: Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag.