Nadja Räss, Vera Baumann, Elian Zeitel Frei und Andrea Küttel sind im Maitlibad. Ein Dialog von vier Frauenstimmen, ungebremst durch Genre-Grenzen.
Für die Initiantin Nadja Räss ist es das dritte Album ihres stimmreise.ch-Langzeit-Projekts. «Maitlibad» beginnt mit der entfernten Cousine eines Alpsegens, und endet mit einem sehnsüchtigen Vierklang mit Ausreissern. Die vier Frauen auf dieser stimmreise.ch sind auf ihrem persönlichen Gesangsweg in ganz unterschiedlichen Welten angekommen und in vielen Projekten und Bands unterwegs. Zusammen zeigen sie unter anderem, dass Jodeln auch einfach eine Stimmtechnik ist, und nicht zwingend aus einer Schweizer Tracht heraus kullern muss.
Harmonie mit Ablenkungen
Müsste man den stilistischen Bogen dieser elf Lieder erklären, würde man sicher die Bogensehne bei der weltweit gepflegten(!) Gesangstechnik des Jodelns einfädeln, das andere Ende der Sehne bei der freien Jazzimprovisation einklinken. Die Endpunkte bestimmen die Spannung, die Schwingung jedoch findet dazwischen statt, macht den Ton, den Klang, die Harmonie. Und die kann weit (ent)führen:
Akkorde bauen, um sie auch gleich wieder im Gezwitscher und Geraune untergehen lassen. Ein Abschieds-Lied voller bittersüssem Leid, eine traditionelle Melodie: so traurig die Geschichte, so luftig die Interpretation. Der Tod und das Leben sind Liebende in zärtlich schrammender Disharmonie. Manchmal erzählen einzelne Silben in Harmonie gesetzt mehr, als wenn man ihnen noch mit Worten Sinn mitgeben wollte.
Maitlibad, jener für Mädchen und Frauen reservierte, geschützte Raum in den Freibädern, ist die gewählte Metapher für vier Stimmen, die sich ungestört unterhalten wollen, und können. Vielleicht können sie darüber hinaus den einen oder die andere davon überzeugen, dass Jodeln einfach Singen mit weitläufigen und bestimmten, zugleich freien Klangmöglichkeiten ist.
Rating:
P.S. die CD ist wohl auf den drei bekannten Streaming-Kanälen abrufbar, kaufen kann man sie aber nur direkt bei Nadja Räss – was den Musikerinnen auch am meisten bringt!
Schreibe einen Kommentar