Borderline tauften die vier finnischen Sängerinnen von Tuuletar ihre zweite, volle Studio-Produktion – dieser Titel will ernst genommen werden.
Wer Tuuletar von ihrer ersten Scheibe «Tules Maas Vedes Taivaal» her kennt muss sich erst ein wenig umgewöhnen. Der Zugang zu den aktuellen Songs ist nicht immer einfach. (Die hier angespielten Titel können nur einen schwachen Eindruck von der Komplexität des Albums vermitteln.) Man kann die Produktion als Konzeptalbum definieren, den alle Lieder drehen sich um die Zerbrechlichkeit des Menschen, um den schmalen Grat zwischen Lebens und Tod, zwischen Dasein und Dortsein. Oder wie Tuuletar in Aika Tappaa / Time kills singen:
Hoffnung ist mein Gefährte
wenn Angst mein Hirte istDer Lebensfaden, so fein, feiner geht kaum,
wirft eine Schlaufe um den Hals
zieht sich immer enger zu, bis –
Nichts mehr
Mit Pekko Käppi haben sich Tuuletar einen Folk-Fachmann als Produzenten ins Studio geholt, der, wie die vier Frauen selber, die Tradition ganz frei und überraschend belebt und nutzt. Man muss sich den Songs annähern, sich auf die vielen Windungen einlassen. Manchmal sind die Lieder wie Hörbilder. Die Arrangements sind wild, kippen zwischen Harmonie und Drama hin und her, sind mehr Komposition als Song. In dieser melodiösen Achterbahnfahrt sind die Stimmen sowohl harmonischer Halt wie schreddernde Dissonanz und Verunsicherung. Einmal mehr ist die Stimmen-Kunst der vier Finninnen überragend.
Rajatila / Borderline ist ein forderndes, anstrengendes Album, das einen aber insgesamt mit viel Ruhe und Gelassenheit entlässt. Dieses Gefühl wächst noch beim wiederholten Anhören – die Produktion wächst, je mehr ich mich als Hörer darauf einlasse.
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