Vinicio Capossela als Songschreiber, Poet oder Bühnenmenschen fassen zu wollen heisst Wasser mit einem Löchersieb schöpfen – geht fast nicht, geht immer was daneben.
Capossela gehört seit den 90er Jahren zu den gefeierten Bühnenkünstlern Italiens. Es begann mit Musik, doch schon die zweite Produktion «Modi» brachte ihn ins Filmbusiness, mit Songs im Soundtrack und einer kleineren Rolle. Dramatisch geht es immer zu und her, wenn Capossela auf die Bühne tritt – er lebt die Philosophie der Commedia del Arte: bildstark, auf Wirkung bedacht, burlesk, nachhaltig.
Als Poet lieferte er sich Lesungs-Wettkämpfe im Boxring, als Pianist setzt er sich auf der Bühne auch mal an ein Kinderpiano, als Abenteurer wildert er gerne in fremden Kulturen. Das kann heissen, dass er sich mit dem Kocani Orkestar zusammen tut, den Geschichten des griechischen Rembetiko nachspürt, einmal mehr seinen Lieblingsgitarristen Marc Ribot ins Studio holt, oder sich mit Mariachi-Gebläse und Tex-Mex-Klängen auseinandersetzt.
Immer für Überraschungen gut
Ob es Instinkt ist, Kalkül oder Absichtslosigkeit: Capossela kann eine volle CD-Produktion auch mal 14 Jahre liegen lassen, bis sie „reif“ ist zur Veröffentlichung. Oder ein Buch bleibt eben mal in der Schublade, weil jetzt zuerst eine Konzerttour ansteht – und die kann dann durchaus zeitlich ausufern.
Vinicio Capossela auf der Bühne zu erleben sollte sich niemand entgehen lassen. Schon seine CDs leben von Stimmungen und wuchernden Geschichten. Live umgesetzt wird aus einem Lieder-Repertoire ein dramatisches, überbordendes Bühnen-Spektakel.
Diskografie (Auszug)
1991: Modi
2003: L’indespensabile (Best of der ersten fünf Produktionen)
2010: The Story-Faced Man
2011: Marinai, Profeti E Balene
2012: Rebetico Gymnastas
2016: Canzoni Della Cupa
2019: Ballate Per Uomini E Bestie
2020: Bestiario d’Amore
Reportage
Vinicio Caposssela am Festival «Glatt & Verkehrt 2010» und am «Babel Med 2013»
Schreibe einen Kommentar