Eine grandiose Multimedia Performance, zwei Diven, drei Banjos, die in Wirklichkeit zu Viert sind und viereinhalb Stunden Live-Musik auf fünf Bühnen – die letzte Konzertnacht der diesjährigen WOMEX bot eine grosse Stilbreite. Wer anschliessend noch nicht genug hatte konnte in den Clubs in der Bay-Area von Cardiff noch bis morgens um 4 Uhr weiter feiern.
Die ersten Konzerte steckten die stilistische Bandbreite ab: Family Atlantica mit ihrem südamerikanisch-afrikanisch-englischen Multikulti-Mix und einer im wahrsten Wortsinn schillernden Frontfrau. Und gleichzeitig draussen im Zelt Jambinai aus Südkorea mit einer Auseinandersetzung mit der eigenen Musikkultur, die immer mal wieder im harmonischen Schredder und grollenden Metall-Donnerwetter endete.
Höhepunkt aus meiner Sicht war der Auftritt von Filastine & Nova. Das Trio aus den USA und Indonesien bot ein Multimedia-Spektakel der Extraklasse. Jedes Instrument – vom Tambourin über das Cello bis zu Pads und Controllers – diente als Trigger für Sounds und Loops. Die Synchonizität mit den Visual Effects war schlicht verblüffend. Man muss dem Trio zugeschaut haben, wie sie mit ihrem Equipment, ihren Midi-Controllern spielten um zu erfassen, die warm „kalte, digitale“ Musik klingen kann.
Move your feet
We Banjo3 – je zwei Brüderpaare – brachten feurige, irische Jigs und Reels ins Millenium Centre, während draussen in kalten Zelt – man darf wirklich von klassisch englischen Sauwetter sprechen – die urigen Trommeln der Grupo Bongar aus Brasilien, eine ferne, warme Welt erahnen liessen. Tief in der Nacht warf dann auch noch Ebo Taylor mit seiner deutsch-nigerianischen Afrobeat-Formation die Groove-Maschine an und vertrieben die Kälte.
Das Foyer des Milleniums-Centers war mehrheitlich in Feststimmung. Erst gab es R&B mit Nomfusi: Superstimme, viel Pop, wenig Südafrika. Dann übernahmen die Arkadier aus Kanada, resp. der französischen Provinz Quebec das Szepter: Cajun, feet-stomping, mehrstimmig, Chanson, gute Laune. Die beiden Trios Bon Débarras (mit mehr Gesang und Steptanz) und das Yves Lambert Trio (mit mehr Jazz-Einschüben) hielten das Publikum bei ausgesprochen guter Laune.
Fazit der WOMEX Ausgabe 2013
Wirkliche Überraschungen sind selten. Die Tradition ist lebendig, wird gepflegt, die Grenzüberschreitung zu anderen Genres ist gut hörbar, harmonisch ein oft, und mehrheitlich gut genutztes Experimentierfeld für Kulturbegegnungen. Und doch mag es kaum jemand, wenn seine Musik als «Worldmusic» bezeichnet wird. Es ist, als ob man in eine Familie eingeheiratet hat, deren Namen man nicht tragen will – und die man trotzdem sehr liebt. Denn in keinem andern Musikgenre (Ausnahme: Jazz) sind Rhythmen und Harmonien, Disharmonien und freundschaftlich Fremdes so reichhaltig und eng verschlungen beieinander wie hier.
Die Berichterstattung 2013:
Die nächste Ausgabe wird in Galizien gefeiert werden, in Santiago de Compostela.
Schreibe einen Kommentar