Mit «grenzenlose Verwandtschaften» war der Abend betitelt. Wie unbeschwert sich Musik über Grenzen hinweg setzen kann, bewies denn auch der erste Konzertabend am 14. Festival Glatt und Verkehrt in Krems an der Donau.
Ein Schlagzeuger aus Chicago, ein experimenteller Gitarrist aus Sardinien, ein Saitenvirtuose aus Frankreich und ein Qawwali-Sänger aus Pakistan setzten genau dieses Motto um.
Mit Waits, Morricone und sardischem Schalk
Paolo Angeli ist nicht nur ein versierter Gitarrist, sondern ein Tüftler und Gitarren-Verbauer. Verbauer deshalb, weil seine Instrumente mitschwingende Saiten, seltsame Mechaniken, ein Saiten-Hämmerchen-Motor, seltsame Saitenauflagen etc. auf- und eingebaut haben – das Instrument ist dem Sound zuliebe über sich hinausgewachsen. Und mit Cellobogen, Kreditkarten und traditionellen Spieltechniken entlockt er diesem Unikum witzige, bizarre und sehnsüchtige Töne.
Hamid Drake, der Schlagzeuger aus Chicago, unterstützt die Klang-Eskapaden seines sardinischen Kollegen mit einem rhyhtmisch ständig sich verändernden, aber groovemässig klar strukturiertes Spiel. Grandios auch seine Soundarbeit an der grossen Rahmentrommel, wirklich ganz grosse Klasse. Am Schluss des Konzertes strahlten sich die beiden Improvisatoren so lachend an, als hätten sie eine Schatztruhe aufgemacht.
Rajasthan liegt in Frankreich
Titi Robin hat seinem singenden Freund Faiz Ali Faiz ein ganzes Repertoire quasi auf die Stimmbänder geschrieben. Unterstützt von den beiden Begleitgruppen der Solisten wurde eine Klangwelt geschaffen, die für ungeübte Ohren nach traditionellen Qawwali-Melodien tönte, aber eigentlich klassische Gedichte mit neuen Melodien waren.
Wie verständnisvoll Robin an die Kompositionen heranging zeigte die Selbstverständlichkeit, mit der die Begleitgruppe von Faiz diese Melodien auch umsetzten. Und wenn Sänger, Saz und Akkordeon sich durch wilde Tonkaskaden verfolgten, wurde die Grenzenlosigkeit dieser Musik beinahe greifbar. Ein Teil der Trance-Kultur der Qawwali-Musik wurde so in den Innenhof der Winzer Krems getragen.
Wie sagte Hamid Drake zum Dank für den reichhaltigen Applaus: «This is a unique festival!». Kann ich nur unterstreichen. Das Festival dauert noch bis zum 1. August. Infos gibt es direkt hier. Und täglich auch Fotos des vorangegangenen Konzertabends. Einige Konzerte werden von ORF1 direkt oder zeitversetzt übertragen.
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