Die Karriere der Diva von den Kapverden, Césaria Évora, kennt mehrere Phasen. Der erste Ruhm dauerte nur einige Jahre und war auf die Kapverden beschränkt. Die jetzt ausgegrabenen Aufnahmen stammen aus den frühen 60ziger Jahren und belegen diese Zeit.
Wegen des Radios kam Cesária Évora schon in jungen Jahren zu ersten Aufnahmen. In ihrer Heimatstadt Mindelo brauchte Radio Barlavento dringend Musik für sein Programm. Die knapp 20jährige Cesária hatte sich als Interpretin von Coladeras und Mornas an der Seite des Songschreibers Ti Goy bereits einen guten Namen gemacht. Er wiederum brachte sie zu den Radiossessions, in alle angesagten Lokale und Clubs. Aus jener Zeit stammt auch die Geschichte von der «Barfuss-Diva» – aber all das und mehr kann man im informativen Booklet nachlesen.
Die vorliegenden Aufnahmen sind, wie viele Ton-Dokumente aus jenen Zeiten, mit einem einzelnen Mikrofon aufgenommen worden. Die Tonqualität der Instrumente lässt also zu wünschen übrig. Die Sängerin hat bereits eine erstaunlich reife Stimme, wenn auch noch nicht so traumwandlerisch schmeichelnd wie heute.
Zeitgeist
Das eine oder andere Mätzchen, das sich mit der Zeit etwas auswaschen sollten, hatte sie ebenfalls bereits drauf. So schleicht sie – der Dramatik, vielleicht auch dem Zeitgeist zuliebe – ihre Noten zu oft über fast einen Halbton an. Solche Spielereien laufen sich rasch tot und beginnen dann etwas zu nerven. Die Aufnahmen zeigen aber bereits die Klasse von Frau Evora. Wäre sie nicht so heimatverbunden gewesen, hätte sie früher Mindelo verlassen, sie hätte nicht bis fast 50 warten müssen, um die zweite Karrierestufe zu zünden.
«Radio Mindelo» sind gesammelte historische Aufnahmen. Es fehlt ihnen der rote Faden, um ein eigenständiges Album zu sein, und deshalb ist es vor allem für Fans von Cesária Évora interessant. Wer die Interpretin erst jetzt kennen lernt, ist mit einem Best-of-Album ihrer jüngeren Erfolge besser bedient.
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