Die Punch Brothers haben sich wieder einiges einfallen lassen: «All Ashore» ist eine Herausforderung. Für die ZuhörerInnen und die Musiker.
Es klingt wie ein Paradox: Intellektuelle Bluegrass-Musik. Das ist in der Verkürzung das, was die Punch Brothers mit jedem Album erneut vorlegen. Ausgeklügelter, komplexer und dynamischer als das jeweilige Vorgänger-Album. Bluegrass ist in seiner Urform stark an Songstrukturen gebunden, die sich für den Hörer irgendwie „logisch“ entwickeln. Hier legen die fünf Punch Brothers ihre Arrangements erneut so zurecht, dass in keinem Songabschnitt der nächstfolgende vorausgeahnt werden kann.
Es ist ein rhythmisches und harmonisches Versteckspiel, ein Suchen und Finden; Überraschung und Schalk, und vorgetragen mit einer selten gehörten Dynamik. Man mag die Falsett-Stimme von Chris Thile vielleicht etwas überdreht finden, doch sie passt bestens in diese Komplexitäten. Sämtliche Songstrukturen werden gesprengt, die einzelnen Sprengsel nach einer vermeintlich wilden Logik neu arrangiert. Mit Dynamik und Virtuosität wird ein neuer Spannungsbogen eingelegt, und gespannt.
Die Kompositionen – es sind bis auf dreieinviertel Ausnahmen keine Songs – entziehen sich jeder Kategorisierung. Selbst Zuhörer, die mit der Komplexität dieser Musik nichts anfangen können, müssen den fünf Musikern höchste Kunstfertigkeit und Verführungsgabe attestieren. Auch haben solche Alben einen unschätzbaren Vorteil: sie erzeugen selbst bei wiederholtem anhören Überraschung und staunende, aber schmunzelnde Verunsicherung.
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