I Balconi von A Filetta ist für Musik-Liebhaber*innen eine positive Nebenwirkung von Corona, obschon der Entstehungsprozess alles andere als einfach war.
Am 17. März 2020 trat in Frankreich offiziell der erste Corona-Lockdown in Kraft. Für alle war es ein Bruch in der Normalität, für A Filetta aus Korsika ein Riss in ihren dichten Projekt-Plänen. Keine Zusammenarbeit mehr mit anderen Künstlern, keine Tourneen, keine Reisen. Doch auch eine Zeit, eine alte Idee wieder aufzunehmen: neue Lieder zu komponieren und zu interpretieren. Denn A Filetta hatte vor über 40 Jahren als eine Band angefangen, welche traditionelle und eigene Lieder polyphon interpretierten, bevor sie bald darauf ihre Kunst in komplexe, Genre-übergreifende Projekte und Kompositionen ausweiteten. Beispiele: Eine korsische Version der «Medea» von Seneca, eine Choreographie für Sidi Larbi Cherkaou, oder Werke mit Paolo Fresu und Daniele di Bonaventura.
Profilierte Stimmen
Der Lockdown während der Corona-Pandemie bot die Gelegenheit, sich auf’s Lieder schreiben und die Arrangements der Chorstimmen zu konzentrieren. Digitale Kanäle dienten als virtuelle Probelokale. Die Melodien stehen auf einer einzelnen Gitarrenbegleitung – fast eine zusätzliche Stimme. Die Arrangements der Stimmen geben dem Chor einen anderen, einen transparenteren Charakter, als man es sich von ihren jüngeren, oft sehr komplexen Produktionen gewohnt war.
Die einzelnen Stimmen treten in den Vordergrund, indem jeder Sänger für die eine oder andere Melodie den Lead übernimmt. Die Klangfarbe und Emotionalität der einzelnen Sänger, resp. der Stimmen wird plötzlich hörbar – sie sind nicht «nur» Teil des Chores. Die Harmonie-Stimmen steigen oft erst mit dem Refrain ein, bauen ihre polyphone Mehrschichtigkeit auf, und geben so den Songs Gestalt und Fülle. Und man erinnere sich: Die «Balkone» waren in pandemischen Zeiten auch die einzigen physischen Möglichkeiten, aus dem Haus, aus der Wohnung zu kommen, Weite zu atmen und Horizonte zu sehen.
Wer die Musik von A Filetta kennt, wird hier zurück zu ihren korsischen Wurzeln geführt. Polyphone Meisterstimmen!
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