Eine amerikanische Jazzsängerin mit indischen Wurzeln auf Spurensuche. Kavita Shah und ihre jahrelange Annäherung an die Musik der Kapverden, und an Césaria Évora.
20 Jahre jung sei sie gewesen, als sie die Stimme von Césaria Évora zu ersten Mal hörte, erzählt Kavita Shah in einem Blogeintrag von The Folkalist. Und weiter, wie sie elf Jahre später nach Mindelo kam, und dort versuchte, den Zauber der Melodien der Kapverden zu studieren, zu entschlüsseln. Sie kam immer wieder, knüpfte Kontakte mit Musikern, welche die Barfuss-Diva jahrelang begleitet, und viele ihrer Platten produziert hatten. Allen voran Rufino Almeida, besser bekannt als Bau. Mit ihm arbeitete Kavita sechs Jahre lang an diesem Album.
Mit der CD legte ich auch ein Vorurteil in den Player: Ausgebildete Stimmen, egal ob in der Klassik oder im Jazzbereich grossgeworden, können keine emotional genährten Melodien interpretieren, urteilte ich vorschnell. Dass noch zwei Klassiker der Évora auf der Songliste aufgeführt wurden – Angola und Sodade – liess mich nochmals den Kopf schütteln. Ich wurde eines Besseren belehrt…
Respekt
Kavita Shah versucht nicht, die Évora zu kopieren. Sie hat aber von ihr gelernt, Gefühle zu singen; ist mehr an der Seelenlandschaft von Morna und Coladeira interessiert. Als Jazzsängerin ist sie bestens disponiert, in verschiedene Stil-Kleider zu schlüpfen – und sie passen (fast) alle. Egal ob es nun Boss Nova Rhythmen sind, Klang-Erinnerungen an ihre indische Herkunft, oder eben Lieder aus dem umfangreichen kapverdischen Liederbuch. Auch führt es zu keinem Stilbruch, wenn z.B. «Saudade» mit einer kleinen Scat-Einlage auf melodische Abwege geführt wird.
Es ist nicht so, dass die Sängerin sich in den Melodien ausdrücken will, sondern umgekehrt: Kavita Shah stellt den Liedern ihre Stimme, ihr Können zu Verfügung. Die Aufnahme ist auch ein positives Beispiel, wie berührend die z.Zt so viel geschmähte «kulturelle Aneignung» sein kann.
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