Zwei Meister ihres Instruments, Kayhan Kalhor und Toumani Diabaté, führen einen langen Dialog, erzählen sich gegenseitig Geschichten.
Die Entstehung dieses Albums ist selber eine Geschichte. Michael Dreyer, Leiter des Morgenland Festivals in Osnabrück brachte die beiden zusammen. Kayhan Kalhor und Toumani Diabaté sind beide eifrige und neugierige Zusammenarbeiter. Kalhor ist schon fast Stammgast in Osnabrück, hatte aber noch nie mit einem Musiker aus Afrika gespielt. Umso erstaunlicher, dass die beiden ohne grosse Übungssession oder strategisches Layout in das musikalische Abenteuer einstiegen. Und nach 90 Minuten ihren Dialog beendeten. Diesen Dialog führten sie noch einigen weiteren, europäischen Bühnen. Doch laut Kalhor habe sich das ursprüngliche melodische Gerüst kaum mehr verändert, bis sie am Schluss der kleinen Tournee das musikalische Gespräch in einem Studio in Paris nochmals führen.
Dieses Grundvertrauen in die Erfahrung des Gegenübers in den Künsten des Zuhörens und Reagierens, bestimmt den Dialog. Aus produktionstechnischen Gründen sind einzelne Songtitel angegeben. Doch in Klang und Wahrheit ist diese Aufnahme ein Dialog, ohne Absetzen, ohne Unterbruch. Die Leadaufgabe wird hin und her gegeben. Der Fluss der Musik ist ohne erkennbare Struktur, ohne Abmachung, ohne Absicht, doch voller Vertrauen, dass die eine Melodie die andere schon ablösen wird. Dass sich aus einer Tonfolge die nächste entwickelt, dass Rhythmus und Harmonie ihren Weg zwischen den beiden Instrumente finden. Dieses Grundvertrauen definiert Kalhor so:
The qualities of minimalism and trance that I like in Persian music are also there in Toumani’s. That’s how I like to think and tell a story.
Es entsteht ein faszinierendes Gespräch zwischen der iranischen, viersaitigen Kamantsche von Kalhor und der 21-saitigen Harfe Westafrikas, der Kora von Diabaté. Beide Meister nutzen jede existierende Spieltechnik. Die Geige wird auch gezupft, gibt rhythmische Akkorde frei, die Kora spielt in Pattern, in freien Läufen. Zuweilen schweigt ein Instrument, lässt den Gesprächspartner ausreden, übernimmt dann einen Gedanken, fügt eine neues musikalisches Argument ein, das in den nächsten Dialog mündet. Oder wie es Doumani Diabaté beschreibt:
It’s like this music was already there waiting for us. And it’s like the two of us knew each other before – in another life.
Es braucht für diese Musik aber auch die ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuhörerin, des Zuhörers. Es ist keine «Radio»-Produktion, mit Anspieltipps. Und es gibt auch keine Wertungs-Sterne für diese Aufnahme, sondern nur die Bitte, sich eine Stunde aus dem Alltag auszuklinken, und einfach zuzuhören.
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